Verschollene und unzugängliche Quellen
Das DMgA ist im Besitz mehrerer Verfilmungen von Musikhandschriften und -drucken, die im Original heute entweder verschollen sind oder deren heutiger Zustand keine Einsichtnahme oder Digitalisierung erlaubt. Diese Mikrofilme sind somit die einzige Möglichkeit, die Quellen zu studieren und gehören deshalb zu den Schätzen des Archivs.
"Cracow Tablature" (1. Hälfte 16. Jh.)
Die 362 Seiten umfassende Handschrift gelangte nach mehreren Zwischenstationen in das Warschauer Staatsarchiv, wo sie als Ms. 564 der Polinsky-Sammlung katalogisiert wurde. Willi Apel ließ kurz vor Kriegsbeginn 1939 eine Mikroverfilmung anfertigen, was sich als Glücksfall erwies – die Tabulatur verschwand während des Zweiten Weltkriegs und wurde vermutlich zerstört. Das DMgA besitzt eine Kopie von Apels Mikrofilm.
"Celler Orgeltabulatur" (1601)
Bei der Handschrift handelt es sich um die früheste bekannte Quelle, die ausschließlich Orgelchoräle enthält. Die Sammlung gelangte von Celle über Lüneburg nach Berlin in den Privatbesitz von Carl August Haupt, dem damaligen Direktor des Berliner Instituts für Kirchenmusik. Nach seinem Tod blieb es in Familienbesitz, bis es vermutlich während des Zweiten Weltkriegs zerstört wurde. Zum Glück hatte Max Seiffert 1937 eine photographische Reproduktion der Tabulatur angefertigt, die unter der Signatur "Bü 84" in Staatsbibliothek zu Berlin aufbewahrt wurde. Allerdings ging auch die Reproduktion spätestens 1961 verloren. Das DMgA bewahrt glücklicherweise eine Mikroverfilmung von Seifferts Photographien auf.
"Stuttgarter Chorbücher"
Die 48 Chorbücher bilden den Rest des Repertoires der ehemaligen Hofkapelle und sind im Laufe des 16. Jahrhunderts entstanden. Der Zustand der Originale ist inzwischen sehr fragil, so dass man auf die Mikrofilme des DMgA zurückgreifen muss, um die Chorbücher zu studieren.
Exequiae Blumenthalianae, Himmel-Braut-Kroon (Ich hab mein Lauff vollendet [à S, A, T, B]). Bey ... Leichbegängnüß der ... Jungfern Ursul Hedwigs von Blumenthal ... Berlin 1635 [RISM CC 4569a]
(Kopie aus der privaten Mikrofilmsammlung Fritz Roth)
Christliche Leich-Sermon de perpetua hominis christiani in his terris militia ... gehalten bey ... Leich-Bestättigung ... Herrn Johann Christoph Spatzen ... welcher ... den 1. Junij 1678 ... eingeschlaffen ... den 6. ... beygelegt worden (Fliesset reich ihr Thränen-Quellen) Regensburg 1678 [RISM DD 3418b]
(Kopie aus der privaten Mikrofilmsammlung Fritz Roth)
Guldenes Kleinod ... bey Beerdigung des ... Herrn Johann Georg Suppers ... den 15. Augusti dieses 1678. Jahrs vorgetragen (Unlängsten hat man schon erfahren) Regensburg 1678 [RISM DD 3418c]
(Kopie aus der privaten Mikrofilmsammlung Fritz Roth)
Für die drei vorgenannten Einzeldrucke lässt sich kein Original nachweisen. Der Verbleib der Mikrofilmsammlung Fritz Roth, nach der die Kopien angefertigt wurden, ist unklar.
Johann Ernst Bach: Wünschet Jerusalem Glück.
Diese Kantate ist nur einmal überliefert, in der Pfarrbibliothek Niedertreba in Thüringen (D-NTRE; heute in D-WRha). Das Original wurde ins Landeskirchenarchiv Eisenach verbracht. Auf Nachfrage war dort allerdings zu erfahren, dass der Aktendeckel leer und der Inhalt unauffindbar sei. Der Mikrofilm des DMgA, der 1977 entstand, ist nun das Einzige, was von der Handschrift verblieb.